Kennedy House Ginza: Aufbau eines zukunftssicheren 4K-ready-Systems Im Auftrag der Roland Corporation Fotos: Takashi Yashima Das Kennedy House Ginza, gelegen unterhalb der JR-Linie zwischen der Yurakucho Station und der Shinbashi Station, ist ein alteingesessener Live-Club. 1985 von Kunihiko Kase eröffnet, dem ehemaligen Sänger der Band "The Wild Ones", hat sich das Kennedy House Ginza über die Jahre zu einer absoluten Live-Institution entwickelt. Neben den Rock-Pop-Sounds der Resident-Band Super Wonderland erwartet die Gäste vor Ort ein großartiges Angebot an Speisen und Sake. Laut Tomoki Kase, aktueller Geschäftsführer und Sohn von Kunihiko Kase, kommen viele Stammgäste bereits seit mehr als 30 Jahren in das Kennedy House Ginza. ▲ Das Kennedy House Ginza (Ginza, Tokio), renommierter Live-Club seit 1985. Ein "gesellschatlicher Treffpunkt für Erwachsene" mit gastronomischem Angebot und Platz für rund 100 Gäste. Im Vordergrund: der Roland V-600UHD. ▲ Als Hauptbeschallung fungiert ein Line-Array von JBL auf Basis der VT4886, angetrieben von AMCRON IT4×3500HD Endstufen. Eine Kombination für höchste Klangansprüche. Die Geschichte des Live-Clubs Mr. Kase: Ursprünglich war dieser Ort ein reiner Live-Club und wurde unter dem Namen "Ginza Meis" von Watanabe Productions betrieben. Anlässlich der Auflösung der Band Candies veranstalteten wir eine Pressekonferenz, an der auch Topstars wie Miki Hirayama und Mari Amachi teilnahmen. Zu dieser Zeit gehörte die damalige Firma von Kunihiko Kase ebenfalls zu Watanabe Productions. 1983 eröffnete dieser einen Live-Club in Roppongi. Als Shin Watanabe, Gründer von Watanabe Productions, davon erfuhr, fragte er seinen Vater: "Wollen wir auf dem Gelände des Ginza Meis ebenfalls einen Ort für den Musikgenuss schaffen?" Auf diese Weise entstand das Kennedy House Ginza. Bis heute hat sich das Konzept dahinter nicht verändert: Ein gesellschaftlicher Treffpunkt für Erwachsene. Früher galten Live-Clubs als zwielichtige Orte. Im Gegensatz dazu wollten wir einen Raum schaffen, in dem sich alle Besucher wohlfühlen. Wir buchen unsere Künstler, ohne uns von musikalischen Genregrenzen beeinflussen zu lassen. Auf diese Weise ist für Jung und Alt etwas dabei. Bei uns ist jede Generation und jedes Geschlecht willkommen. ▲ Yuki Kase, Präsident und CEO. Anpassung an eine neue Zeit Die Corona-Pandemie markierte einen großen Einschnitt für Live-Clubs wie das Kennedy House Ginza. Ende Februar schlossen diese, auf Drängen der Regierung, ihre Türen. Seitdem sind die Clubs auf Crowdfunding angewiesen, um die laufenden Betriebskosten zu finanzieren. Mr. Kase: Es ist alles andere als einfach, vier Monate lang kein Einkommen zu haben. Ich war deswegen ziemlich besorgt und habe deshalb mit dem Crowdfunding begonnen. Als Anreiz für die Spender boten wir kleine Geschenke und Tickets für die Zukunft an. Wir setzten ein Ziel von 6 Millionen Yen fest – und erreichten dieses in kürzester Zeit. Letztendlich kamen mehr als 18 Millionen Yen zusammen. Dies war so viel mehr als wir erwarten konnten und führte mir noch einmal vor Augen, wie viele Menschen das Kennedy House Ginza lieben. Auch die vielen erhaltenen Nachrichten haben mich tief berührt. Mein Vater sagte immer: "Der Mensch lebt seit Urzeiten mit Musik und er kann ohne sie nicht leben. Musik ist eine Kraft, die tief mit uns verbunden ist." Ich erinnerte mich an diese Worte Im Zuge der Crowdfunding-Kampagne entstand die Idee, ein Livestream-System aufzubauen. Direkt im Anschluss an die Kampagne begann das Team mit der Suche nach dem geeigneten Equipment. Laut Mr. Kase gab es bereits vor dem Aufkommen der Pandemie Überlegungen in diese Richtung. Mr. Kase: Jeder Live-Club hat seine Kapazitätsgrenzen. Zudem gibt es Besucher, die für Konzerte von Künstlern wie Yuzo Kayama extra aus ländlichen Gegenden anreisen. Aus diesen und weiteren Gründen wollte ich schon immer Livestreams anbieten. Aus Gründen der Rentabilität hatten wir bislang jedoch Abstand davon gehalten. Die Pandemie bot nun eine neue Gelegenheit. Hochwertiges System, bereit für 4K Das Livestream-System im Kennedy House Ginza besteht aus einem Roland V-600UHD Video-Switcher, einer Panasonic AG-CX350 Videokamera, drei AW-UE70 4K-Kameras und einer GoPro HERO7 Black (Abb.1). Der HDMI-Ausgang des V-600UHD ist über einen Adapter mit dem Zuspieler-PC verbunden. Die AW-UE70 Kameras werden über die Panasonic AW-RP60GJ Remote-Kamerasteuerung fernbedient. ▲ ︎Abbildung (1) Das Livestreaming-System im Kennedy House Ginza. ▲ Der Roland V-600UHD bildet das Zentrum des Livestreaming-Systems im Kennedy House Ginza. Ein 4K/Multi-Format-Video-Switcher, der gleichzeitig HDR (High Dynamic Range) für besonders hohe Kontraste und kraftvolle Videobilder unterstützt. Bislang streamt das Kennedy House Ginza noch nicht in 4K-Auflösung. Nichtsdestotrotz entschieden sich die Macher für den V-600UHD und ein 4K/HD-System, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Zu den wichtigsten Kriterien für den effektiven Einsatz gehörten die einfache und intuitive Bedienbarkeit. Mr. Kase: Unser Manager, Hitoshi Imamura, und ich entschieden uns für den V-600UHD als zentralen Baustein unseres Systems. Neben der großen Anzahl an Ein- und Ausgängen haben mich vor allem der Funktionsumfang und die intuitive Bedienung überzeugt. Die AG-CX350 Hauptkamera und eine AW-UE70 sind vor der Bühne platziert, zwei weitere AW-UE70 befinden sich auf der Bühne. Die Hero7 Black kommt ebenfalls auf der Bühne als Schlagzeug-Kamera zum Einsatz. Laut Hitoshi Imamura, Sound-Manager im Kennedy House Ginza, entstand das Setup im Trial-and-Error-Verfahren. Mr. Imamura: Das Systemdesign geht auf Mr. Kase zurück. Die beiden Kameras vor der Bühne nehmen feste Winkel in unterschiedlichen Zoomstufen auf. Insgesamt gibt es fünf Kameras. Das System eignet sich perfekt für die Darstellung bewegter Bilder. Ich habe diverse Kameras ausprobiert – die Resultate variieren je nach Hersteller und Modell. Um einen besseren Vergleichsrahmen zu haben, begrenzten wir uns zunächst auf Panasonic. Um die idealen Positionen der einzelnen Kameras zu finden, haben wir viel experimentiert. Wir mussten uns unter anderem Gedanken um die passende Positionierung von Scheinwerfern machen, ohne dass diese die Gäste störten. Mit dem aktuellen Setup bin ich sehr zufrieden. Den Raumklang mischen wir im PA-Mischpult und schicken den Stereomix auf den V-600UHD. Dazu stehen uns sechs Raummikrofone zur Verfügung. Aufgrund der geringen Besucheranzahl nutzen wir aktuell jedoch nur vier Mikrofone. ▲ Hitoshi Imamura, Sound-Manager. One of the most noteworthy features of the Kennedy House Ginza system is that it consists of 4K-compatible equipment. At present, they are not yet livestreaming in 4K. However, they have an eye to the future. Mr. Kase: Mit der Verbreitung von 5G werden 4K-Livestreams ganz normal werden. Dies habe ich bei der Zusammenstellung des Systems bereits bedacht. Sowohl der Video-Switcher als auch die Kameras sind 4K-fähig. Neben dem herkömmlichen Internet-Zugang im Live-Club gibt es auch einen IPv6-fähigen Kanal für die Übertragung von Livestreams. Zu Beginn haben wir die Inhalte über das Hausinternet übertragen. Ich hatte jedoch die Befürchtung, dass dies zu Problemen und Übertragungsunterbrechungen führen könnte. Aus diesem Grund haben wir einen IPv6-kompatiblen Kanal errichtet, der den 4K-Feed separat überträgt. Mit diesen beiden Übertragungswegen sind wir auf der sicheren Seite, wenn es mit einem Kanal Probleme geben sollte. ▲ Die Hauptkameras – Panasonic AG-CX350 (links) und AW-UE70 (rechts) – wurden an der Decke vor der Bühne platziert. Beide Kameras sind 4K-fähig, die AW-UE70 lässt sich zudem fernsteuern. Zudem lassen sich beide Kameras über den V-600UHD steuern (Ver.2.00 oder höher). ▲ ︎Zwei weitere AW-UE70 Kameras sind links und rechts der Bühne positioniert. ▲ ︎GoPro HERO7 Black auf der Bühne als separate Kamera für das Schlagzeug. Livestreaming 101 Das Kennedy House Ginza wird diesen Sommer wiedereröffnet und startet dann auch seine Livestreams mit Publikum. Zu Beginn ist die Anzahl auf 50 Zuschauer vor Ort – die Hälfte der Kapazität – beschränkt. Als Übertragungsplattform dient YouTube Live. Mr. Kase: Wir haben das noch nicht oft gemacht und die Livestreams bislang nicht aktiv beworben. Trotzdem erfreuen sich die Übertragungen großer Beliebtheit. Die Bildqualität ist herausragend. Darüber hinaus erreichten uns viele Rückmeldungen, die besagen, dass es interessant ist, Dinge zu sehen, die man normalerweise vom Publikum aus nicht sieht, zum Beispiel die Emotionen und den Ausdruck des Schlagzeugers. Die Streams erhalten viele Kommentare auf YouTube. Das ist einfach ein gutes Gefühl. Bislang hatten wir keine Probleme mit der Übertragung. Verantwortlich für den Livestream zeichnet Koudai Tachibana, Teammitglied im Kennedy House Ginza. Obwohl er nie zuvor mit dieser Art Equipment gearbeitet hatte, stellt ihn die Aufgabe vor keinerlei Probleme. Mr. Tachibana: Ich hatte keine Erfahrung mit Video-Equipment. Am Anfang wusste ich nicht einmal genau, was ich da vor mir sehe. Der V-600UHD ist jedoch so intuitiv aufgebaut, dass ich ihn nahezu unmittelbar bedienen konnte. Jeder kann das. Zu Beginn des Livestreams schalte ich die Kamera im V-600UHD ein. Danach blende ich das Logo mittels Chroma-Key-Synthese ein und füge ein "Gleich geht's los"-Standbild hinzu. Abschließend steuere ich die Panasonic-Kameras aus der Ferne. Während der Proben analysiere ich die Musik und präge mir die Abläufe ein. Auf diese Weise kann ich mir bereits vorab Gedanken um die Schnitte und Wechsel machen. Es ist wichtig, die Emotionen in den Gesichtern der Musiker einzufangen. Der Trick besteht darin, auf dem Multiscreen jeweils die besten Momente zu finden. Ich befinde mich immer noch in der Lernphase und werde bei jeder Show aufs Neue nervös. ▲ ︎Koudai Tachibana, Operator der Livestreams. Handwerkliche Kniffe Hinsichtlich der Bühnenperformance erkennt Imamura keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zu normalen Live-Shows vor Publikum. Als Sound-Engineer richtet er jedoch besonderes Augenmerk auf den Pegel der Vocals. Mr. Imamura: Wenn man den Live-Sound 1:1 in den Livestream-Feed gibt, gehen die Vocals unter. Als wir die ersten Livestreams starteten, kritisierten viele Zuschauer, dass sie den/die Sänger/in nicht gut hören konnten. Seitdem haben wir diverse Wege entwickelt, die Durchsetzungsstärke der Vocals für die Livestream-Übertragung zu erhöhen. Zudem mussten wir am Anfang zunächst die ideale Kombination für die Raummikrofone finden. Raumklang erhöht den Live-Eindruck, macht den Sound jedoch schnell schwammig. Es hat etwas gedauert, bis wir die ideale Balance gefunden hatten. Über die Trim-Funktion des Audio-Eingangs beim V-600UHD können wir die Signale ebenfalls komfortabel anpassen. ▲ ︎Der Livestreaming-Platz rechts vor der Bühne Zur Linken befindet sich ein PC mit Avid ProTools, der auf Wunsch der Musiker auch für Mehrspuraufnahmen zum Einsatz kommt. Das Publikum der Zukunft Unter dem Strich muss jeder Live-Club wirtschaftlich arbeiten, um Geld zu verdienen. Aus diesem Grund setzt das Kennedy House Ginza auf die elektronische Ticketing-Plattform Live Pocket der Avex Group. Laut Kase läuft der Ticketverkauf sehr gut an. Gleichzeitig möchte er ohne Druck und Eile weiter am Ausbau des Livestream-Geschäfts arbeiten. Mr. Kase: Wir möchten für die 4K-Zukunft gewappnet sein und werden dazu eine weitere Kamera in unser Setup integrieren. Wir brauchen keine Bilder im TV-Stil. Nichtsdestotrotz sorgt eine weitere Kamera dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Wir freuen uns, dass wir von Anfang auf exzellentes Equipment gesetzt haben. Je mehr Menschen Geld für die Livestreams bezahlen, desto stärker müssen wir auf die optimale Übertragungsqualität achten. Als Geschäftsmann sollte man sich nicht hetzen lassen. Neue Angebote brauchen immer etwas Zeit, um sich im Markt durchzusetzen. Man kann nicht von 0 auf 100 springen. Aktuell bin ich sehr zufrieden. Die Kundenreaktionen sind äußerst positiv. Trotzdem möchte ich nichts überstürzen und geduldig bleiben. Wenn wir kontinuierlich an unserem Angebot arbeiten, werden wir auch in Zukunft weiter wachsen. Es wäre großartig, wenn wir auf diese Weise einen neuen Geschäftszweig aufbauen und etwas entwickeln könnten, das andere Locations nicht so leicht nachahmen können. ▲ v.l.n.r.: Yasuhiro Tachibana, Yuki Kase, Hitoshi Imamura. Erscheinungsweise / alle zwei Monate ProSound Vol.219 (veröffentlicht September 2020) / Stereo Sound Publishing Co., Ltd.